EvKGB Silder Nord Altar

Geschichte

Entstehung von Gemeinde und Kirche
Die christliche Gemeinde des Dorfes Biesdorf entstand wohl mit der Besiedelung des Dorfes durch deutsche Kolonisten um 1230–1250. Zur gleichen Zeit wurde auch die Kirche auf dem Dorfanger erbaut (die meisten Dorfkirchen in und um Berlin haben kein früheres Entstehungsdatum). Umfassungsmauern und Fundamente stammen aus dieser frühen Periode bis 1280, wie sich anhand der Bauweise der exakt zugehauenen Quader erkennen lässt. Leider ist nichts Schriftliches aus dieser frühen Zeit überliefert.
Die erste schriftliche Erwähnung erfuhr Biesdorf im Landbuch Kaiser Karls IV. im Jahr 1375. Darin heißt es: „Bisterstorf sunt LXII mansi quorum habet Plebanus IIIIer, Ecclesia I“, d.h. „Bisterstorf (Biesdorf) besteht aus 62 Hufen (preußisches Flächenmaß), davon hat der Pfarrer 4, die Kirche 1“.

Reformation in Biesdorf
Die Reformation wurde vermutlich wie in ganz Brandenburg auch in Biesdorf am 1. November 1539 eingeführt. Als erster lutherischer Prediger wird Thomas Meier genannt (um 1540). Biesdorf war als „mater" über Jahrhunderte mit ihren“ filiae“ Kaulsdorf und Mahlsdorf verbunden. Ein Visitationsprotokoll von 1600 ist das älteste erhaltene Schriftstück; ein Kirchenrechnungsbuch stammt aus dem Jahr 1682.

Schlimme Zeiten im 17. bis 19. Jahrhundert
Der Dreißigjährige Krieg von 1618–1648 hinterließ auch in Biesdorf schlimme Spuren. Die Bevölkerung ging stark zurück. Wie oft Ort und Kirche geplündert und gebrandschatzt wurden, lässt sich nicht mehr sagen, denn am 11. April 1754 brannte die Kirche, und dabei wurden alle Bücher vernichtet. Die Kirche wurde bis 1756 wieder aufgebaut.

Auch die sogenannte „Franzosenzeit“ zwischen 1792 und 1815 hatte Einfluss auf Biesdorf. Herumziehende französische Truppen erpressten Geld und Nahrungsmittel von den Bewohnern, plünderten die Scheunen und die Felder. Dazu kamen enorm hohe Kriegssteuern. Kein Wunder, dass sich daraus Hungersnöte und Krankheiten ergaben.
Wie die Kirche zu dieser Zeit aussah, zeigt das Aquarell des Seidenwirkers Heinrich Wohler aus dem Jahr 1834.

Das 19. Jahrhundert: Biesdorf wird Superintendentur – die Gemeinde wächst
Um das Jahr 1824 wurde Biesdorf Superintendentur, der Pfarrer zugleich auch Superintendent. 1934 wurde die Superintendentur nach Lichtenberg verlegt. In den Jahren 1897/98 ließ die größer und wohlhabender werdende Gemeinde die alte Dorfkirche aufwendig um- und ausbauen. Sie erhielt eine Apsis. Auch ein stattlicher Kirchturm anstelle des alten Fachwerkturms gehörte jetzt dazu. Er musste jedoch zweimal gebaut werden, weil der erste dieser Türme wegen Pfusch am Bau am 12. Oktober 1897 einstürzte. Im Innern wurde die Kirche im romanisierenden Stil mittels Schablonenmalerei ausgemalt. Die Pläne dazu lieferte der Kirchenbaumeister Ludwig von Tiedemann. Der Industrielle Wilhelm von Siemens finanzierte die neue Orgel und die elektrische Beleuchtung und trug damit viel zur Ausstattung der Kirche bei.

Starker Zuwachs an Gemeindegliedern Anfang des 20. Jahrhunderts – Einrichtung einer Predigtstätte in Biesdorf-Süd
1907 wurden Kaulsdorf und Mahlsdorf als „Töchter“ Biesdorfs in die Selbständigkeit entlassen, sie erhielten eigene Pfarrer und Wirtschaftsbefugnisse.

In den 1920er- und 1930er-Jahren wuchs die Kirchgemeinde Biesdorf (seit 01. Oktober 1920 Teil von „Groß-Berlin“) durch Zuzug sehr stark. Die Gemeindeleitung schätzte 1931 die Evangelischen auf rund 6000 „Seelen“. In Biesdorf-Süd entstand 1921 in der Köpenicker Straße eine zweite Predigtstätte in einem Gartenlokal; 1944 wurde dort eine zweite Pfarrstelle geschaffen, aber erst nach 1945 besetzt.

Kirchenkampf in Biesdorf ab 1933
Die politischen Verhältnisse spiegelten sich auch in der Biesdorfer Gemeinde. Während die Mitglieder und Anhänger der „Bekennenden Kirche“ in Gemeindekirchenrat, Frauenhilfe und anderen Gruppen sich um Ausgleich bemühten, gaben doch innerhalb der Gemeindeleitung die von der NSDAP dominierten „Deutschen Christen“ den Ton an. Ein junger Pfarrer hingegen, der mit den „Deutschen Christen“ sympathisierte und Mitglied in der NSDAP war, trat als solcher später nicht mehr in Erscheinung.

Bombenangriff am 20. Januar 1944 und Wiederaufbau
Kriegsbedingt hatte die Kirchengemeinde Biesdorf 1942 die zwei größeren Glocken der Kirche abliefern müssen. Am 20. Januar 1944 brannte die Kirche nach einem Bombenangriff ab. Nun wurde auch die dritte und letzte Glocke der Kirche zerstört. Nur die Grundmauern des Gebäudes blieben stehen. Bedingt durch die Nachkriegsverhältnisse, dauerte der Wiederaufbau einige Jahre. Am 28. Oktober 1951 weihte Generalsuperintendent Friedrich-Wilhelm Krummacher die Kirche ein. Sie erhielt den Namen „Gnadenkirche“.

Der Evangelische Kindergarten
Zur Gemeinde gehört seit 1926 ein eigener Kindergarten (bereits ab 1912 als "Kleinkinderschule" betrieben). Zunächst war er im damaligen Gemeindehaus auf dem Dorfanger untergebracht. Im Jahr 1986 bezog er in ein neu errichtetes Kindergartengebäude im Pfarrgarten – der einzige neugegründete kirchliche Kindergarten Ost-Berlins. Anlass für den Neubau war die Verbreiterung der Straße Alt-Biesdorf. Die neue Straßenführung veränderte in hohem Maße den Zugang zu Gemeindehaus und Kirche und brachte beide Gebäude in eine „Insellage“. Seitdem liegt der alte Dorfanger in der Mitte einer Hauptverkehrsstraße.

Gründung der Versöhnungsgemeinde Berlin-Marzahn, Neubau eines Gemeindezentrums
Im Jahr 1981 wurde die Versöhnungsgemeinde Berlin-Marzahn gegründet, eine Diaspora-Gemeinde im atheistischen Umfeld. Im Dezember 1986 konnte sie ihr neues Gemeindezentrum auf dem Buschiner Platz, heute Maratstraße 100, einweihen, wo von Anfang an eine ökumenische Gemeinschaft mit der Evangelisch-methodistischen Kirche entstand. Mit der Fusionierung im Jahr 2004 ging die Gemeinde in der Evangelischen Versöhnungskirchengemeinde Berlin-Biesdorf auf.

Neue Zeiten brechen an: 1989
Infolge der deutschen Vereinigung wurden umfangreiche Renovierungen an Kirche und Gemeindezentrum Süd möglich. In den Jahren nach 1990 erhielt die Kirche ein neues Dach und eine neue Heizung. Das Gemeindezentrum Süd wurde völlig umgebaut und um einen großzügigen Wintergarten ergänzt.

Biesdorf wird 625 Jahre alt – die Kirche ist dabei!
Im Mai 2000 feierte die Biesdorfer Gemeinde in einem glanzvollen Gottesdienst mit Bischof Huber „625 Jahre Biesdorf". Seither beteiligt sich die Gemeinde am jährlich stattfindenden „Biesdorfer Blütenfest“ mit Ständen und einem Gottesdienst auf der Parkbühne jeweils am Himmelfahrtstag.

2004: Fusion zur Versöhnungskirchengemeinde
Am 1. November 2004 vereinigten sich die Evangelische Kirchengemeinde Berlin-Biesdorf und die Versöhnungsgemeinde Berlin-Marzahn. Die fusionierte Gemeinde heißt seitdem Evangelische Versöhnungskirchengemeinde Berlin-Biesdorf. Das Zusammenwachsen ist ein langer Prozess. Die Zahl der hauptamtlichen Mitarbeiter verringerte sich.

Neubau eines Gemeindezentrums in Alt-Biesdorf
Nach jahrelangen Vorplanungen entsteht zurzeit neben dem historischen Pfarrhaus ein neues Gemeindezentrum auf dem Grundstück Alt-Biesdorf 59. Der Entwurf stammt vom Architekturbüro Paul Böhm aus Köln. Nach Fertigstellung wird der Hauptteil der Gemeindearbeit an diesem Standort stattfinden.